Die Schüler Niel Mehraein und Johannes Wolf haben untersucht, welche Möglichkeiten es zur Messung des menschlichen Pulses mit dem Smartphone gibt. Die Experimente können im Biologie-, im Sport- und im Physikunterricht eingesetzt und beliebig erweitert werden.
1. Wissenschaftliches Poster zur Präsentation der Ergebnisse bei der Ausstellung
Download Poster: DINA3 PDF | Experimente am Ausstellungsstand zum Thema Pulsmessung. |
2. Vier Möglichkeiten zur Messung des Pulses mit dem Smartphone
Zur Bestimmung des menschlichen Pulses mit dem Smartphone gibt es zwei physikalische Messverfahren: Optisch und elektrisch. Zu jedem Messverfahren wurden je zwei Methoden erforscht. Optische Verfahren: Elektrische Verfahren: |
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a) Optisches Verfahren: Pulsmessung mit dem Finger |
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b) Optisches Verfahren: Pulsmessung über die Gesichtsaufnahme |
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c) Elektrisches Verfahren: Pulsmessung über einen externen Brustgurt |
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d) Elektrisches Verfahren: Pulsmessung über einen externen EKG-Sensor |
3. Experiment: Pulsmessung über den Fingersensor
Forschungsfrage: Wie genau messen Fitness-Apps den Puls über den Finger?
Zunächst wurde das Verfahren der optischen Pulsmessung mit einem Experiment nachgestellt [1], [2]. Die Durchleuchtung des Fingers erfolgte mit dem Licht einer einfachen Glühbirne. Die zeitlich variierenden Lichtintensität wurde danach mit einem Fototransistor gemessen. Mit Hilfe eines Oszilloskops konnte der resultierende Spannungsverlauf über einen Widerstand abgegriffen werden. Deutlich kann auf dem Oszilloskop der menschliche Pulsschlag beobachtet werden. Statt einer Glühbirne könnte auch unsichtbares infrarotes Licht (IR-LED) verwendet werden.
Versuchsaufbau: Spannungsquelle und Oszilloskop. | Details: Glühbirne, Widerstand R = 4,7kΩ und Fototransistor. |
Nach der Erforschung des zugrundeliegenden Prinzips der optischen Pulsmessung ging es um die Messgenauigkeit der Puls-App. Der Pulsschlag wurde hierbei über eine drehende Scheibe mit einer Aussparung simuliert, die mit einer roten Halogenlampe beleuchtet wurde. Direkt hinter der Scheibe befand sich zur Messung das Smartphone. Die periodische Unterbrechung des roten Lichts durch die rotierende Scheibe nahm die App als Pulsschlag wahr. Die Rotationsgeschwindigkeiten wurden im Diagramm als einzelne Punkte, die von der App angezeigte Puls-Rate (in Abhängigkeit der Experimentierzeit) als rote Kurve eingezeichnet. Die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe wurde während des Experimentes mit einem Stroboskop ermittelt. Im Diagramm zeigt sich dass die App sowohl bei geringem als auch bei hohen Umdrehungsgeschwindigkeiten den simulierten Puls proportional zur Umdrehungsgeschwindigkeit genau anzeigt.
Im nächsten Experiment wurde die optische Methode mit der elektrischen Methode zur Pulsmessung verglichen. Dazu machte ein Schüler zunächst einige Liegestütze. Beim Abkühlen wurde der Puls über 100 Sekunden lang zeitglich mit dem Brustgurt und mit dem Fingersensor aufgenommen. Im Diagramm zeigt sich, dass die Werte des Brustgurts mit den Werten des Fingersensors ziemlich gut übereinstimmen.
Fazit: Wenn der eigene Puls gelegentlich gemessen werden soll sind kostenlose Apps zur optischen Pulsmessung über den Finger ein guter Ersatz zu teuren Brustgurten.
Vergleich: Brustgurt vs. Fingermessung. | Messung beim Abkühlen: Brustgurt vs. Fingermessung. |
4. Experiment: Pulsmessung bei physischer und psychischer Belastung
Forschungsfrage: Steigt der menschliche Puls proportional zur physischen Belastung?
Zur Messung des Zusammenhangs zwischen Puls und Leistung saß ein Schüler auf einem Hometrainer und musste die Geschwindigkeit alle 90 Sekunden um 2 km/h steigern. Die Messung des Pulses erfolgte mit einem Brustgurt.
Die aufgenommene Messkurve lässt einen exponentiell ansteigenden Leistungs-Puls-Zusammenhang vermuten. Da der menschliche Puls jedoch eine Obergrenze besitzt, wird sich die Messkurve bei einer weiteren Erhöhung der Geschwindigkeit langsam dem Maximalpuls des Schülers nähern. Weiter zu untersuchen wäre, ob der der Puls-Leistungszusammenhang mathematisch durch das logistische Wachstum modelliert werden kann.
Schüler auf dem Hometrainer. | Puls - Geschwindigkeits - Zusammenhang. |
Forschungsfrage: Wie verändert sich der menschliche Puls bei psychischer Belastung?
Beim kostenlosen Computerspiel „Scarymaze“, wird der Spieler in Momenten höchster Konzentration durch das plötzliche Einblenden eines bedrohlichen Bildes erschreckt. Besitzt das Spiel Auswirkungen auf den Puls von spieleerprobten Schülern? Die Messung während des Spiels erfolgte mit einem Brustgurt.
Im gemessenen Pulsverlauf lässt sich deutlich eine Pulserhöhung nach dem Schreck erkennen. Auffallend war dass der Pulsanstieg erst ca. 5 Sekunden nach dem Schreck einsetzte. Das Phänomen konnte bei mehreren Schülern durch eine Messung bestätigt werden.
Computerspiel Scarymaze. | Pulsverlauf während des Computerspiels. | Schrecksekunde beim Computerspiel. |
5. Experiment: Pulsmessung auf dem Laufband
Forschungsfrage: Wie gut funktioniert die Pulsautomatik bei Laufbändern?
Moderne Fitnessgeräte wie z. B. Laufbänder orientieren das Training am Puls des Sportlers. Die Pulsmessung erfolgt dabei entweder über einen Handsensor (elektrischer Sensor), über einen Ohrclip (optischer IR Sensor) oder über einem Brustgurt (elektrischer Sensor). Bevor das Training startet verlangt das Sportgerät die Eingabe des Alters. Über die Altersabfrage wird vom Gerät der Maximalpuls über die Faustformel bpmmax = 220 - Alter berechnet. Bevor das Laufband endgültig startet muss das gewünschte Trainingsziel (Regeneration, Fettverbrennung, Ausdauertraining, Kraftaufbau) oder der gewünschte Trainingspuls eingegeben werden.
Lohnt sich ein solch hochwertiges Trainingsgerät mit Pulsautomatik? Wie gut passt sich das Laufband dem menschlichen Puls an? Dazu wurde mit dem Smartphone und einem Brustgurt der Puls zunächst ohne und danach mit automatischer Pulsanpassung aufgenommen.
Pulsmessung ohne Pulsautomatik. | Modernes Laufband mit Pulsmessung über Handsensor oder Brustgurt. |
Pulsmessung mit Pulsautomatik. |
Der erste Lauf erfolgte ohne Pulsanpassung bei einer kontinuierlichen Geschwindigkeit von v = 10km/h und 0% Steigung. Im linken Bild ist zu erkennen, dass der Puls am Anfang schnell anstieg, dann aber kontinuierlich bei ca. 152bpm blieb. Nach ca. 15 Minuten Training näherte sich der Puls dem "roten" Trainingsbereich mit über 160bpm. Der Sportler fühlte sich entsprechend erschöpft und brach den Lauf nach ca. 20 Minuten ab.
Einen Tag später wurde das gleiche Experiment mit der automatischen Pulsanpassung wiederholt. Als Trainingsziel wurde dem Gerät ein gewünschter Pulsschlag von 150bpm vorgegeben. Am Anfang steigerte das Laufband die Geschwindigkeit kontinuierlich von 0 km/h bis auf 12km/h. Im rechten Bild ist dies deutlich am langsamen Anstieg des Pulses erkennbar. Im weiteren Verlauf schwankte die Geschwindigkeit des Laufbandes aufgrund der Pulskopplung zwischen 8km/h und 12km/h. Deutlich sind die Reaktionen des Pulses auch in der Messkurve erkennbar. Niemals ging der Puls dabei in den roten Bereich - der Sportler fühlte sich auch noch nach 30 Minuten Training fit.
Fazit: Die automatische Pulsanpassung funktioniert beim getesteten Laufband sehr gut: Der Puls bleibt mit geringen Schwankungen im gewünschten Bereich. Besonders bei Laufanfänger kann mit der Pulsautomatik eine Überlastung und eine damit verbundene Trainingsdemotivation sehr gut vermieden werden.
6. Geeignete Apps für Experimente mit dem Pulssensor
Für die Experimente auf dieser Homepage wurden die folgenden fünf kostenlosen Apps und eine kostenpflichte App eingesetzt:
System | Name der App | Vor- und Nachteile der App | Symbol | QR Code |
Android | Kardiograph |
Vorteile: Nachteil: |
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Android | My Tracks |
Vorteile: Nachteil: |
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Android | What´s My Heart Rate |
Vorteile: Nachteil: |
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Android | BLE Heart Rate Monitor |
Vorteile: Nachteil: |
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iOS | What´s My Heart Rate |
Vorteile: Nachteil: |
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iOS | Heart Rate Variability Logger |
Vorteile: Nachteil: |
7. Literatur zu den durchgeführten Experimenten und weitere Ideen
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[1] K.-H. Nägele, U. Strobel, S. Ziegelbauer: Messungen am Herzkreislaufsystem. Ideen, Versuche und Informationen zu elektrischen, optischen und akustischen Messverfahren., in: Naturwissenschaften im Unterricht. Physik, 17. Jg. (2006), H. 91, S. 28–32.
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[2] T. Wilhelm, F. Appold, M. Elsholz: Elektrophysiologische Messungen im Physikunterricht., in: PhyDid B, Didaktik der Physik, Beiträge zur DPG-Frühjahrstagung, 2011., S. 5.
Autoren / Bilder / Experimente:
Johannes Wolf und Niel Mehraein, Schüler der Kursstufe II, Abitur 2015, Friedrich-Gymnasium Freiburg
Dr. Patrick Bronner, Physiklehrer, Friedrich-Gymnasium Freiburg
CC BY-NC-SA 4.0 © Patrick Bronner (Friedrich-Gymnasium Freiburg / mascil project)