Die Schüler Niel Mehraein und Johannes Wolf haben untersucht, welche Möglichkeiten es zur Messung des menschlichen Pulses mit dem Smartphone gibt. Die Experimente können im Biologie-, im Sport- und im Physikunterricht eingesetzt und beliebig erweitert werden.

 

      1. Wissenschaftliches Poster zur Präsentation der Ergebnisse bei der Ausstellung

      2. Vier Möglichkeiten zur Messung des Pulses mit dem Smartphone

      3. Experiment: Pulsmessung über den Fingersensor

      4. Experiment: Pulsmessung bei physischer und psychischer Belastung

      5. Experiment: Pulsmessung auf dem Laufband

      6. Geeignete Apps für Experimente mit Pulssensoren

      7. Literatur zu den durchgeführten Experimenten und weitere Ideen

 

 

1. Wissenschaftliches Poster zur Präsentation der Ergebnisse bei der Ausstellung

08 Puls Sensor Stand 
Download Poster: DINA3 PDF Experimente am Ausstellungsstand zum Thema Pulsmessung.

 

 

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2. Vier Möglichkeiten zur Messung des Pulses mit dem Smartphone

Puls

Zur Bestimmung des menschlichen Pulses mit dem Smartphone gibt es zwei physikalische Messverfahren: Optisch und elektrisch. Zu jedem Messverfahren wurden je zwei Methoden erforscht.

Optische Verfahren:
a) Pulsmessung mit dem Finger auf der Smartphonekamera,
b) Pulsmessung über die Gesichtsaufnahme mit der Smartphonekamera.

Elektrische Verfahren:
c) Pulsmessung über einen externen Brustgurt,
d) Pulsmessung über einen externen EKG-Sensor.

Finger

a) Optisches Verfahren: Pulsmessung mit dem Finger
Zur Pulsmessung muss die Fingerspitze auf das weiße LED Licht und gleichzeitig auf die Kamera des Smartphones gelegt werden. Aufgrund der Durchblutung leuchtet die Fingerspitze rötlich. Sobald frisches Blut durch die Adern strömt verändern sich die Absorptions- und Reflexionseigenschaften des Gewebes. Die periodische Veränderung der Lichtintensität wird mit der Kamera des Smartphones gemessen und in den Pulsschlag pro Minute (bpm - beats per minute) umgerechnet. Es gibt zahlreiche kostenlose Apps wie z. B. "Kardiograph" zur Messung des Pulses über die Kamera. Im Experiment 3 wird gezeigt, dass die Pulsmessung mit der Fingerspitze ziemlich genau ist. Das gleiche Verfahren wird bei Pulsuhren, Fitnessarmbänder und Ohrclips mit nicht sichtbarem Infrarotlicht angewandt.

Heart

b) Optisches Verfahren: Pulsmessung über die Gesichtsaufnahme
Zur Pulsmessung muss die Frontkamera des Smartphones auf das Gesicht gerichtet werden. Sobald frisches Blut durch die Adern strömt verändert sich die Gesichtsfarbe periodisch von blassrot zu einem dunkleren rot. Mit dem menschlichen Auge ist die Farbveränderung nicht wahrnehmbar. Mit Hilfe eines rechnerischen Verfahrens (Eulersche Videoverstärkung) wird im aufgenommenen Kamerabild nach periodischen Farbveränderungen gesucht und diese im Videobild in Echtzeit verstärkt. Das angezeigte Kamerabild wirkt daher etwas unnatürlich: Die pulsierenden Adern werden stark hervorgehoben. Die Periodizität im Livebild wird von der App analysiert und in den Pulsschlag pro Minute umgerechnet. Zur Messung ist eine gute Ausleuchtung des Gesichts und eine ruhige Position erforderlich. Es gibt bisher nur wenige kostenlose Apps wie z. B. "What´s my Heart Rate" (Android & iOS) zur Messung des Pulses über das Gesicht. Das Verfahren zur Pulsmessung ist noch ziemlich ungenau und wurde deshalb nicht weiter mit den anderen Möglichkeiten verglichen.

Brustgurt

c) Elektrisches Verfahren: Pulsmessung über einen externen Brustgurt
Zur Pulsmessung muss der Brustgurt (ab ca. 40€) am Oberkörper möglichst unter dem Herz angelegt werden. Der Brustgurt wird mittels Bluetooth mit dem Smartphone verbunden. Das Pumpen von frischem Blut resultiert durch die Kontraktion des Herzmuskels aufgrund eines elektrischen Spannungspulses. Auf der Hautoberfläche ist die elektrische Spannung bereits stark abgeschwächt aber noch messbar (Umax = 0,01V). Die Messung erfolgt durch zwei weit auseinanderliegende elektrische Kontakte im schwarzen Band des Brustgurts. Der zeitliche Abstand der Spannungspulse wird vom Sensor analysiert und in den Pulsschlag pro Minute umgerechnet. Die meisten Apps zum Auslesen des Sensors wie z. B. "BLE Heart Rate" sind kostenpflichtig - enthalten aber viele weitere Optionen wie z. B. die Kopplung mit GPS. Das Verfahren zur Pulsmessung mit dem Brustgurt ist durch die Messung in der Nähe des Herzens ziemlich genau und wurde deshalb als Referenz für die anderen Verfahren verwendet.

 EKG extern

d) Elektrisches Verfahren: Pulsmessung über einen externen EKG-Sensor
Zur Pulsmessung müssen die drei Kontakte des externen EKG Sensors (z. B. "Pasport EKG") am Arm des Sportlers befestigt werden (Ableitung 1 nach Einthofen). Der Spannungsverlauf bei der Kontraktion des Herzens wird mit über 200 Messwerten pro Sekunde erfasst und über Bluetooth an das Smartphone übetragen.  An der aufgenommenen Kurve lässt sich genau analysieren welche Phasen des Herzzyklus durchlaufen wurden. Überraschend war, dass die  maximale Spannung an den Armen nur noch Umax = 0,001V beträgt und der Sensor bis zu ΔU = 5µV auflösen kann. Während der Messung wird der Abstand der Spannungspulse vom Sensor analysiert und in den Pulsschlag pro Minute umgerechnet. Die Daten des Sensors können mit der kostenlosen App "Sparkvue" aufgenommen und genau analysiert werden. Das Verfahren zur Pulsmessung über den EKG Sensor ist ziemlich genau und mit den Messwerten des Brustgurts vergleichbar.

 

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3. Experiment: Pulsmessung über den Fingersensor

Forschungsfrage: Wie genau messen Fitness-Apps den Puls über den Finger?

Zunächst wurde das Verfahren der optischen Pulsmessung mit einem Experiment nachgestellt [1], [2]. Die Durchleuchtung des Fingers erfolgte mit dem Licht einer einfachen Glühbirne. Die zeitlich variierenden Lichtintensität wurde danach mit einem Fototransistor gemessen. Mit Hilfe eines Oszilloskops konnte der resultierende Spannungsverlauf über einen Widerstand abgegriffen werden. Deutlich kann auf dem Oszilloskop der menschliche Pulsschlag beobachtet werden. Statt einer Glühbirne könnte auch unsichtbares infrarotes Licht (IR-LED) verwendet werden.

Analogieexperiment Analogieexperiment nah
 Versuchsaufbau: Spannungsquelle und Oszilloskop. Details: Glühbirne, Widerstand R = 4,7kΩ und Fototransistor.

 

Nach der Erforschung des zugrundeliegenden Prinzips der optischen Pulsmessung ging es um die Messgenauigkeit der Puls-App. Der Pulsschlag wurde hierbei über eine drehende Scheibe mit einer Aussparung simuliert, die mit einer roten Halogenlampe beleuchtet wurde. Direkt hinter der Scheibe befand sich zur Messung das Smartphone. Die periodische Unterbrechung des roten Lichts durch die rotierende Scheibe nahm die App als Pulsschlag wahr. Die Rotationsgeschwindigkeiten wurden im Diagramm als einzelne Punkte, die von der App angezeigte Puls-Rate (in Abhängigkeit der Experimentierzeit) als rote Kurve eingezeichnet. Die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe wurde während des Experimentes mit einem Stroboskop ermittelt. Im Diagramm zeigt sich dass die App sowohl bei geringem als auch bei hohen Umdrehungsgeschwindigkeiten den simulierten Puls proportional zur Umdrehungsgeschwindigkeit genau anzeigt.

Analogie Vergelich
Versuchsaufbau zur Überprüfung der App:
Smartphone, rotierende Scheibe, rote Halogenlampe.
Zusammenhang zwischen dem angezeigten Puls (rot)
und der Umdrehungsgeschwindigkeit (schwarze Punkte) der Scheibe.

 

Im nächsten Experiment wurde die optische Methode mit der elektrischen Methode zur Pulsmessung verglichen. Dazu machte ein Schüler zunächst einige Liegestütze. Beim Abkühlen wurde der Puls über 100 Sekunden lang zeitglich mit dem Brustgurt und mit dem Fingersensor aufgenommen. Im Diagramm zeigt sich, dass die Werte des Brustgurts mit den Werten des Fingersensors ziemlich gut übereinstimmen.

Fazit: Wenn der eigene Puls gelegentlich gemessen werden soll sind kostenlose Apps zur optischen Pulsmessung über den Finger ein guter Ersatz zu teuren Brustgurten.

Vergleich Messung Vergleich
Vergleich: Brustgurt vs. Fingermessung. Messung beim Abkühlen: Brustgurt vs. Fingermessung.

 

 

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4. Experiment: Pulsmessung bei physischer und psychischer Belastung

Forschungsfrage: Steigt der menschliche Puls proportional zur physischen Belastung?

Zur Messung des Zusammenhangs zwischen Puls und Leistung saß ein Schüler auf einem Hometrainer und musste die Geschwindigkeit alle 90 Sekunden um 2 km/h steigern. Die Messung des Pulses erfolgte mit einem Brustgurt.

Die aufgenommene Messkurve lässt einen exponentiell ansteigenden Leistungs-Puls-Zusammenhang vermuten. Da der menschliche Puls jedoch eine Obergrenze besitzt, wird sich die Messkurve bei einer weiteren Erhöhung der Geschwindigkeit langsam dem Maximalpuls des Schülers nähern. Weiter zu untersuchen wäre, ob der der Puls-Leistungszusammenhang mathematisch durch das logistische Wachstum modelliert werden kann.

Training Puls Leistung
 Schüler auf dem Hometrainer. Puls - Geschwindigkeits - Zusammenhang.

 

Forschungsfrage: Wie verändert sich der menschliche Puls bei psychischer Belastung?

Beim kostenlosen Computerspiel „Scarymaze“, wird der Spieler in Momenten höchster Konzentration durch das plötzliche Einblenden eines bedrohlichen Bildes erschreckt. Besitzt das Spiel Auswirkungen auf den Puls von spieleerprobten Schülern? Die Messung während des Spiels erfolgte mit einem Brustgurt.

Im gemessenen Pulsverlauf lässt sich deutlich eine Pulserhöhung nach dem Schreck erkennen. Auffallend war dass der Pulsanstieg erst ca. 5 Sekunden nach dem Schreck einsetzte. Das Phänomen konnte bei mehreren Schülern durch eine Messung bestätigt werden.

Messung 2 Schreck Messung 1
 Computerspiel Scarymaze. Pulsverlauf während des Computerspiels. Schrecksekunde beim Computerspiel.

 

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5. Experiment: Pulsmessung auf dem Laufband

Forschungsfrage: Wie gut funktioniert die Pulsautomatik bei Laufbändern?

Moderne Fitnessgeräte wie z. B. Laufbänder orientieren das Training am Puls des Sportlers. Die Pulsmessung erfolgt dabei entweder über einen Handsensor (elektrischer Sensor), über einen Ohrclip (optischer IR Sensor) oder über einem Brustgurt (elektrischer Sensor). Bevor das Training startet verlangt das Sportgerät die Eingabe des Alters. Über die Altersabfrage wird vom Gerät der Maximalpuls über die Faustformel bpmmax = 220 - Alter berechnet. Bevor das Laufband endgültig startet muss das gewünschte Trainingsziel (Regeneration, Fettverbrennung, Ausdauertraining, Kraftaufbau) oder der gewünschte Trainingspuls eingegeben werden.

Lohnt sich ein solch hochwertiges Trainingsgerät mit Pulsautomatik? Wie gut passt sich das Laufband dem menschlichen Puls an? Dazu wurde mit dem Smartphone und einem Brustgurt der Puls zunächst ohne und danach mit automatischer Pulsanpassung aufgenommen.

Bild 3 Fitness 1 Bild 4
 Pulsmessung ohne Pulsautomatik. Modernes Laufband mit Pulsmessung über
Handsensor oder Brustgurt.
Pulsmessung mit Pulsautomatik.

 

Der erste Lauf erfolgte ohne Pulsanpassung bei einer kontinuierlichen Geschwindigkeit von v = 10km/h und 0% Steigung. Im linken Bild ist zu erkennen, dass der Puls am Anfang schnell anstieg, dann aber kontinuierlich bei ca. 152bpm blieb. Nach ca. 15 Minuten Training näherte sich der Puls dem "roten" Trainingsbereich mit über 160bpm. Der Sportler fühlte sich entsprechend erschöpft und brach den Lauf nach ca. 20 Minuten ab.

Einen Tag später wurde das gleiche Experiment mit der automatischen Pulsanpassung wiederholt. Als Trainingsziel wurde dem Gerät ein gewünschter Pulsschlag von 150bpm vorgegeben. Am Anfang steigerte das Laufband die Geschwindigkeit kontinuierlich von 0 km/h bis auf 12km/h. Im rechten Bild ist dies deutlich am langsamen Anstieg des Pulses erkennbar. Im weiteren Verlauf schwankte die Geschwindigkeit des Laufbandes aufgrund der Pulskopplung zwischen 8km/h und 12km/h. Deutlich sind die Reaktionen des Pulses auch in der Messkurve erkennbar. Niemals ging der Puls dabei in den roten Bereich - der Sportler fühlte sich auch noch nach 30 Minuten Training fit.

Fazit: Die automatische Pulsanpassung funktioniert beim getesteten Laufband sehr gut: Der Puls bleibt mit geringen Schwankungen im gewünschten Bereich. Besonders bei Laufanfänger kann mit der Pulsautomatik eine Überlastung und eine damit verbundene Trainingsdemotivation sehr gut vermieden werden.

 

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6. Geeignete Apps für Experimente mit dem Pulssensor

Für die Experimente auf dieser Homepage wurden die folgenden fünf kostenlosen Apps und eine kostenpflichte App eingesetzt:

 
System Name der App  Vor- und Nachteile der App Symbol QR Code
Android Kardiograph

Vorteile:
Aufnahme des Pulses über den Finger,
gute Visualisierung der Messung.

Nachteil:
Kein Export der Daten

Kardiograph Kardiograph QR
Android My Tracks

Vorteile:
Gleichzeitige Aufnahme von Pulsdaten (über Brustgurt) und GPS Daten.

Nachteil:
Viele Berechtigungen erforderlich.

MeineTracks Tracks QR Android
Android What´s My
Heart Rate

Vorteile:
Aufnahme des Pulses über das Gesicht.

Nachteil:
Noch ziemlich ungenaues Verfahren.

Whats my heartrate Android Whats my heartrate Android QR
Android BLE Heart
Rate Monitor

Vorteile:
Aufnahme des Pulses über einen externen Brustgurt und Datenexport.

Nachteil:
Extras wie Export, GPS, ... sind kostenpflichtig.

BLE Puls BLE Heart Rate
iOS  What´s My
Heart Rate

Vorteile:
Aufnahme des Pulses über das Gesicht und den Finger.

Nachteil:
Extras wie Fingermessung sind kostenpflichtig.

Whats my heartrate IOS Whats my heartrate IOS QR
 iOS Heart Rate Variability Logger

Vorteile:
Aufnahme des Pulses über einen externen Brustgurt und Datenexport.

Nachteil:
Kostenpflichtige App.

HRV IOS HRV IOS QR

 

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7. Literatur zu den durchgeführten Experimenten und weitere Ideen

 

  • [1] K.-H. Nägele, U. Strobel, S. Ziegelbauer: Messungen am Herzkreislaufsystem. Ideen, Versuche und Informationen zu elektrischen, optischen und akustischen Messverfahren., in: Naturwissenschaften im Unterricht. Physik, 17. Jg. (2006), H. 91, S. 28–32.

  • [2] T. Wilhelm, F. Appold, M. Elsholz: Elektrophysiologische Messungen im Physikunterricht., in: PhyDid B, Didaktik der Physik, Beiträge zur DPG-Frühjahrstagung, 2011., S. 5.

 

 

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Autoren / Bilder / Experimente:
Johannes Wolf und Niel Mehraein, Schüler der Kursstufe II, Abitur 2015, Friedrich-Gymnasium Freiburg
Dr. Patrick Bronner, Physiklehrer, Friedrich-Gymnasium Freiburg

CC BY-NC-SA 4.0 © Patrick Bronner (Friedrich-Gymnasium Freiburg / mascil project)